Update: Im Mai 2017 hat Flixbus den Konkurrenten Hellö geschluckt. Sitzplatzreservierung ohne Aufpreis dürfte damit der Geschichte angehören. Schade!
Sechs Monate nach unserem letzten Urlaub haben Line und ich uns einen Städtetrip nach Wien geleistet. Ausgerechnet mit einem Fernbus, obwohl ich mir schon vor bestimmt fünf Jahren schwor, in Zukunft nur noch das Flugzeug zu nehmen. Nach einer Fahrt mit einem überfüllten Reisebus nach Paris war ich bedient. Aber hat nicht jeder irgendwo eine zweite Chance verdient? Also suchten wie uns im Internet eine günstige Verbindung. Zur Auswahl standen der Flixbus und der österreichische Anbieter „Hellö“, von dem wir bis dato noch nichts gehört hatten. Wir entschieden uns für Hellö wegen der Abfahrtszeit und des attraktiven Preises (nahm sich mit Flixbus nicht viel). Es war die richtige Entscheidung.
An einem Mittwoch um 23.25 Uhr sollte unser Bus pünktlich an der Bayrischen Straße in Dresden, direkt hinter dem Hauptbahnhof, starten. Ich war skeptisch. Vor der Buchung las ich mir wie immer Testberichte durch und stieß dabei auf einige versprengte Negativerfahrungen. So gaben mehrere Passagiere teils erhebliche Verspätungen und eine schlechte Informationspolitik an. Auf Facebook finden sich jedoch deutlich mehr positive Berichte, also war ich zuversichtlich.
Abfahrt in Dresden
Normalerweise bin ich vom Pech verfolgt. Wenn Murphy’s Gesetz (alles was schiefgehen kann, geht auch schief) auf einen zutrifft, dann auf mich. Zu meinem Erstaunen ging diesmal alles glatt. Pünktlich um 23:10 Uhr fuhr der schwarz-lackierte Hellö-Bus vor. Zum Glück, denn wir hätten es keine Minute länger am Bahnhof ausgehalten. Dort laufen ja in der Nacht dann doch einige finstere Gestalten herum, denen man schon tagsüber nur ungern begegnen möchte.
Gegen so viel Pünktlichkeit stinkt die Deutsche Bahn locker ab.
Gratis-Upgrade
Zwei freundliche Fahrer begrüßten uns und die anderen Fahrgäste. Es waren nicht viele. Vielleicht 10-15 insgesamt, die nach Wien wollten. Nach der Ticketkontrolle verstauten wir als einzige unseren Trolley unten im Bus, dann machten wir es uns bequem. Der Vorteil eines so leeren Busses ist, dass man sich hinsetzen kann, wo man will. Line ließ unsere reservierte Reihe schnell hinter sich und machte sich in der Sitzreihe dahinter bequem. Dem Säuselgeräusch nach zu urteilen – um es höflich auszudrücken – schlief es sich ganz gut.
Nachdem ich einige Kilometer steif auf meinem angestammten Platz verharrte, versuchte ich es dann auch mal mit dem Ausstrecken. So richtig wollte das nicht klappen, was jedoch nicht am Bus lag, sondern an meiner ausufernden Anatomie. Ich bin knapp 1,90 Meter groß und wenn ich mich ausstrecke ist schnell nicht nur der Platz neben mir belegt, sondern auch der Gang für die anderen Passagiere versperrt. Und irgendwie konnte ich sowieso nur partiell ein Auge zumachen.
Sitzen wie in der Economy-Class mit mehr Beinfreiheit
Wer als dreiviertelriesiger Mensch schon mal 12 Stunden eingequetscht zwischen engen Economy-Class-Sitzen ans andere Ende der Welt geflogen ist, wird das unangenehme Gefühl kennen. In jeder Minute versucht man dem Platz noch den ein oder anderen Millimeter abzutrotzen, um dann am Ende doch total verbogen und mit schmerzenden Knien am Gepäckband zu stehen.
Im Hellö-Bus hatte ich das Problem nicht. Der Platz reichte nach vorn gerade aus, um nicht mit den Knien anzustoßen und meine Beine ausgestreckt unter den Vordersitz zu schieben. So lob ich mir das! Cool fand ich auch, dass sich die Kopfstütze auziehen ließ, um sich bequem anlehnen zu können.
Über die Härte der Sitze lässt sich streiten. Für die sieben Stunden, die wir nach Wien unterwegs waren, genügte mir der Komfort völlig. Line hätte es gern etwas weicher gehabt, aber Geschmäcker sind nun mal verschieden.
(Fast) Reibungslose WLAN-Verbindung im Hellö-Bus
Skeptisch war ich, was die versprochene WLAN-Verbindung im Bus anging. Würde damit wirklich ein unterbrechungsfreies Surfvergnügen möglich sein? Die erste Viertelstunde der Hinfahrt fühlte ich mich bestätigt. Der Login klappte einfach nicht. Nach der Bestätigung der Datenschutzbestimmungen ging einfach nichts weiter.
Als wir aus Dresden rauskamen, ging das Internet dann plötzlich. Den Rest der Fahrt war ich online. Natürlich nicht die ganzen sieben Stunden, aber jeder flüchtige Blick mit verquollenen Eulen-Augen ins Netz klappte hervorragend. So muss das sein.
Saubere Toilette
Wer so lange unterwegs ist, muss schon mal seine Notdurft irgendwo verrichten können. Keine Sorge, im Hellö-Bus steht der Blasenentleerung nichts im Wege. Die Toilette war zwar klein – ich musste mich etwas zusammenfalten, um durch die Tür zu kommen – aber sauber. Da habe ich definitiv schon andere Sachen gesehen, besonders in den Waschräumen Wienerischer Restaurants. Besser nicht darüber reden, sonst bekomme ich Brechreiz…
Wenn der kleine Hunger kommt
Manchmal hat man keinen Hunger auf die mitgebrachte Schnitte oder die Möhre in der Brotkapsel. Hier hat das Busunternehmen vorgesorgt und einen Snackautomaten am mittleren Ausstieg aufgestellt. Zur Auswahl standen bei uns Pick Up, Nic Nac’s und Allnatura-Würstchen. Die Preise von 1 € bis 1,50 € hielten sich überraschenderweise noch im Rahmen.
Positiver Eindruck auch auf der Rückfahrt
Der positive Gesamteindruck des Hellö-Busses setzte sich auf der Rückfahrt fort. Der Bus kam überpünktlich zur Abfahrt Wiener Hauptbahnhof an. An der Haltestelle werden verschiedenste Hellö-Verbindungen abgefertigt, auch in andere Teile Deutschlands.
Der Bus war genauso sauber, genauso bequem und das WLAN funktionierte 1A. Es gab auch ein Wiedersehen mit einem der Fahrer von der Hinfahrt.
Sympathische Preise – aber lohnt sich das für Hellö überhaupt?
Wir haben pro Person 38 € für Hin- und Rückfahrt bezahlt. Insgesamt also 76 Euro. Das ist absolut im Rahmen. Bei Flixbus bewegen sich die Preise zwischen 51,80 € und 99 €. Total abhängig von der Uhrzeit.
Ob sich das für Hellö noch lohnt, wenn 3/4 des Busses leer ist, kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Allerdings ergab eine fixe Stichprobe für nächste Woche (21. Dezember), dass der 23:25 Uhr Bus Dresden – Wien ausgebucht ist. So kurz vor Weihnachten wollen offenbar noch ein paar Leute die geniale Weihnachtsstimmung in der Ösi-Hauptstadt in sich aufsaugen.
Also, Hellö…ich biete mich gerne für einen neuen Test an. Hier! Hallo! *Wink*