Deutschland hat auch viele schöne Flecken Erde zu bieten! Und das sage ich, der am liebsten ganz weit weg in die Sonne fliegt. Die Ostsee zählt für mich definitiv dazu, speziell die Insel Usedom mit ihren Seebädern Zinnowitz, Heringsdorf und Ahlbeck. Dort befindet sich nicht nur die älteste Seebrücke in Deutschland, sondern auch die längste.
Als ich vergangenen Herbst mit meiner Familie auf Usedom war, wurde die Insel gerade vom Herbststurm „Herwart“ durchgeschüttelt. Es regnete wie aus Gießkannen, es windete in Orkanstärke. Doch hält echte Ostsee-Touris nicht davon ab, die Gegend zu erkunden.
Unser erster Weg führte uns nach Zinnowitz, dem westlichsten aller drei genannten Orte.
Die Seebrücke von Zinnowitz
Eine Auswertung des Deutschen Wetterdienstes von 2011 ergab, dass Zinnowitz über die vergangenen 30 Jahre hinweg der sonnigste Ort in Deutschland mit 1917,5 Sonnenstunden war. Und tatsächlich zeigte sich der Himmel kurzzeitig von seiner freundlichen Seite, als wir dort waren. Übrigens waren das die einzigen Sonnenstrahlen, die wir in jenem Kurzurlaub erhaschen konnten.
Die berühmte Seebrücke ist nicht die längste und auch nicht die älteste, doch sie bietet eine seltene Touristenattraktion. Zahlende Urlauber können sich in einer Tauchglocke (offiziell „Tauchgondel“) trockenen Fußes ins Wasser der Ostsee begeben. Ähnliche Glocken gibt es in Sellin auf Rügen, auf dem Festland in Grömitz sowie in Zingst auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst.
2006 wurde in Zinnowitz die allererste ihrer Art in Betrieb genommen und befördert seitdem tagein und tagaus zahlungskräftige Besucher ins Meer hinab. Dafür, dass eine Tauchfahrt 30-40 Minuten dauert, finde ich den Preis von 8 Euro pro Erwachsenem erstaunlicherweise noch recht moderat.
Die originale Seebrücke von Zinnowitz datiert bereits auf das Jahr 1897 zurück und soll nicht mehr als ein Steg gewesen sein, von dem aus die Touristen per Boot zu den Schiffen gebracht wurden. Eine richtige Seebrücke wurde dann im Jahr 1908 gebaut. Nur ein Jahr später kamen rund 350 Meter dazu.
Auf alten Postkartenbildern ist zu sehen, dass es damals noch ein überdachtes Brückenhaus gab. Heute gibt es nur noch einen Turm für die Wasserrettung, denn die ursprüngliche Brücke wurde durch die Naturgewalten der Ostsee nach und nach zerstört, sodass sie 1940 ganz entfernt wurde.
Einen Neustart gab es erst im Jahr 1993, als die Einweihung der heutigen Seebrücke stattfand. Sie ist „nur“ noch 315 Meter lang und bietet auch nicht wirklich Schutz bei Sturm.
Die Seebrücke von Heringsdorf
Lang, länger, am längsten. Heringsdorf beherbergt die längste Seebrücke Deutschlands. Mit 508 Metern Länge hat diese tatsächlich stattliche Auswüchse.
Zwischen 1891 und 1893 wurde der Vorgängerbau der heutigen Seebrücke errichtet. Schon damals zog sich die „Kaiser-Wilhelm-Brücke“ etwa 500 Meter auf die Ostsee hinaus. Auch fanden sich darauf Geschäfte und Restaurants. Ab 1903 legten Passagierschiffe an.
1957 brannte die alte Brücke ab, danach war es erstmal für einige Jahrzehnte vorbei mit dem lockeren Flanieren. Bis 1995, als an anderer Stelle eine neue Seebrücke hochgezogen wurde. Um genau zu sein, nur 50 Meter vom früheren Standpunkt entfernt.
Wer heute die Brücke betritt, läuft erstmal durch ein überdachtes Haupthaus, wie es auch ganz früher schon der Fall war. Dort buhlen allerlei Restaurants und Läden um die Gunst der Tagestouristen. Für den kleinen Hunger zwischendurch gibt es Fischbrötchen und Eis, für alle anderen, die plötzlich bemerken, dass sie keine Schuhe oder keinen Schmuck mehr haben, auch das.
Ganz am Ende des Stegs, der mittig von windschützenden Glasscheiben getrennt wird, liegt das italienische Restaurant „Ponte Rialto“. Wir waren nicht drin, aber die durchwachsenen Bewertungen im Internet sprechen für sich. Man kann dort wohl mal essen gehen, verpassen wird man aber nichts. Abgesehen von der tollen Aussicht übers Wasser und rückblickend auf den Strand von Heringsdorf. Kriegt man aber auch kostenlos, wenn man draußen bleibt.
Über das Eis am Eingang der Seebrücke konnte ich jedenfalls nicht meckern. Das war riesig und aufgrund des Saisonendes ein echtes Schnäppchen.
Die Seebrücke von Ahlbeck
Ahlbeck liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur polnischen Grenze mit Swinemünde. Für mich ist die Seebrücke des zur Gemeinde Heringsdorf zählenden Ortes die schönste aller Brücken.
Und zwar deshalb, weil das weiße Brückenhaus mit integriertem, rustikal ausgestatteten Restaurant ein exzellentes Fotomotiv ist mit seinen spitzen Türmchen und den verschiedenen Landesflaggen, die ringsherum im Wind ihren Mann stehen.
Das lange Ende der 280 Meter zählenden Seebrücke bietet dann nichts mehr Besonderes, außer viel, viel Wind, der uns beinahe aufs offene Meer gefegt hätte. An weniger stürmischen Tagen lässt es sich dort sicher gut aushalten. Abends eröffnet sich ein schöner Blick auf den Leuchtturm der Grenzstadt Swinemünde.
Es handelt sich um nicht weniger als die älteste Seebrücke Deutschlands, deren Geschichte 1882 ihren Anfang nahm, als eine Holzplattform errichtet wurde. Weil es an der äußeren Küste von Usedom keine Häfen gibt, wurde im Jahr 1898 ein Seesteg mit Schiffsanleger gebaut. Auch früher stand schon ein Restaurant an der Stelle, allerdings wurde noch unter freiem Himmel gespeist. Später wurde der offene Teil mit einem Segeltuch überspannt, bevor schließlich Geld für eine Holzverkleidung in die Hand genommen wurde.
In all den Jahren gab es keinen Komplettabriss oder Neubau der Seebrücke Ahlbeck. Selbst nach der Zerstörung des Schiffsanlegers in den Wintermonaten der Jahre 1941/1942 blieb der Charakter der Brücke erhalten.
Anfang der 70er Jahre wurden die Stützpfeiler aus Holz gegen stabile Stahlträger ausgetauscht. Nach der Rekonstruktion der Aufbauten 1986 wurde die Seebrücke außerdem unter Denkmalschutz gestellt. 1993 wurde der in den Vierzigern zerstörte Schiffsanleger neu aufgebaut.
Ein Hingucker ist außerdem die historische Uhr mit Windrichtungsanzeiger, die 1911 von der Urlauberin Maria Grunack gespendet wurde. Sie funktioniert tatsächlich noch heute, wird allerdings nicht mehr wöchentlich per Hand aufgezogen, sondern werkelt nach einer Instandsetzung in der Wendezeit elektronisch vor sich hin.
Seebrücke Bansin & Dreikaiserbäder
Zu guter Letzt möchte ich noch kurz auf das Ostseebad Bansin eingehen, da es zusammen mit Ahlbeck und Heringsdorf zu den „Dreikaiserbädern“ gehört.
Der ganze Strand von Swinemünde bis rüber nach Peenemünde erstreckt sich über die wahnsinnige Länge von 42 Kilometern Länge. Genug Platz, um sich so richtig breit zu machen, auch wenn in den Sommermonaten natürlich Hochkonjunktur herrscht.
Zwar lädt die Seebrücke Bansin zum Spaziergang ein, allerdings war es das auch schon. Mehr als 285 Meter hin und dieselbe Strecke zurück bietet sie nicht. Kein Restaurant, keine Geschäfte, keine Tauchglocke.
Trotzdem schön da. Ich liebe diese maritime Atmosphäre, selbst wenn das Wetter zu wünschen übrig lässt.